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NINA MIELCARCZYK

Galamb Thorday
Inertia

8.3. – 25.4.2025

Inertia – Galamb Thorday

Eine Hand flitscht Steine über die türkisblaue Wasseroberfläche, ein Frauenkopf wird mit bunten Edelsteinen dekoriert. Auf einem knorrigen Baum warten mehr als 60 Spatzen darauf, baden zu dürfen. Zwischen zwei Fischen tauschen Hände im absurden Kreislauf Oliven aus, als Währung wofür, bleibt unklar (One Hand Washes the Other´). Eingeölte Finger massieren nackte Körper, steamy, unscharf und verzerrt – als wären die Augen verklärt. 

Der Blick hängt immer leicht hinterher in Galamb Thordays Arbeiten. Wie, wenn alle Bilder eines Daumenkinos am gleichen Ort passieren, zeigt sie Bewegungsabläufe verlangsamt, gleichzeitig und statisch, oder gibt ihnen durch träges Verzerren eine Gegenbewegung. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf Umwege, um mit neuem Filter auf die glossy Wellness Ästhetik zu schauen, derer sie sich bedient.

Thordays Arbeiten sind eine Endlosspirale der Frage nach Effizienz, zwischen Belohnungssystemen und Pseudo-Esoterik, Trost und Täuschung, Klischees der Entspannung und Achtsamkeit als Währung. Um wen kümmere ich mich wirklich, wenn ich Self-Care betreibe? Ist Wellness gut für meine Seele, oder nur für den Körper, der für andere arbeiten geht? Wäscht die andere Hand wirklich auch meine? Wo hört Selbstfürsorge auf und fängt Selbstausbeutung an? Thorday spannt ihre pastel-imperfect Bildwelten zwischen diesen Fragen auf und stellt noch weitere. Selbstironisch ehrlich bricht sie die unantastbaren Ästhetiken der Selbstoptimierung, die uns Tag für Tag auf dem Silberteller serviert werden, indem sie spiegelt, verzerrt und überspitzt.

Inertia bedeutet Trägheit. In der Psychologie ist es der Name für das Phänomen, dass einmal getroffene Entscheidungen auch gegen widersprechende Informationen weitgehend immun bleiben. In der Physik ist Trägheit die natürliche Tendenz bewegter Objekte, in Bewegung zu bleiben, und ruhender Objekte, in Ruhe zu bleiben. Wie ein Körper in Trägheit verharrt, ruhen auch gesellschaftliche Normen, bis jemand sie ins Wanken bringt. Thorday nutzt Inertia, um in den klaren Vorstellungen von Self-Care, Wellness und Konsum, einen verschwommenen Gedanken zu formulieren – ganz in dem Wissen, dass sich einmal gefestigte Glaubenssätze selten erschüttern lassen. 

Text: Inga Krumme

Inertia, 2025, Öl auf Leinwand, 110 x 140 cm