Nina Mielcarczyk

LAURENTIUS SAUER & TIMUR LUKAS
„Alte neue Sonne“, 2024

Die Galerie Nina Mielcarczyk präsentiert in der Ausstellung Alte neue Sonne die Werke der Künstler Laurentius Sauer und Timur Lukas, die nicht nur eine enge Freundschaft und das Atelier teilen, sondern auch eine gemeinsame Spur des Romantischen in ihren Arbeiten hinterlassen. Diese romantische Einflussnahme erstreckt sich von den Sujets der Bilder (es sind die Vasen, Blumenbouquets und träumerischen Vistas) über ihre stilistischen Einflüsse bis hin zu den von ihnen gemeinsam hergestellten Ölstiften — es ist ganz hinreißend. Doch etwas stimmt nicht. Unter der ästhetischen Geborgenheit und Stille bewegt sich etwas.

„Kann man ein Sujet totmalen?“ — Timur Lukas

Es beginnt bei dem Paravent, der als zentraler Bestandteil den Raum der Ausstellung formt. So gewinnen ihre, teils zeichnerischen Ansätze (besonders bei Sauer) eine zusätzliche skulpturale Ebene, als Bild im Raum. Die entstehende „falsche“ Perspektive lädt uns ein die beiden Seiten näher zu betrachten und der Sache auf den Grund zu gehen: Die einst prächtig dargestellten Sonnenblumenfelder sind öde und vertrocknet, die erst heimelig anmutende Hütte, entpuppt sich auf den zweiten Blick im Verfall. Der Verfall, als Bedingung des Wachstums, durchdringt sowohl Sauers, wie Lukas’ Werk und schafft so die zugrundeliegende Brechung der sonstigen Virtuosität. Verlorengemeintes, Übriggebliebenes, noch-nicht-zu-Ruinen-Gewordenes speist die Motive ihrer Arbeiten und erklärt auch den gemeinsamen Fokus auf Architektur. Sie sehen Überreste eines bereits abgestorbenen Apparats, wie zum Beispiel die Villa im passend betitelten Werk „classic view“ von Lukas, die von der kürzlich abgerissenen Villa von Harald Juhnke inspiriert ist. Lukas kommentiert dies kurz im Vorgespräch: „Wenig bleibt übrig, bald ist alles verschwunden.“ Dieser Ansatz spiegelt sich in Lukas Recherchemethode, für die er in Massen fremde Familienarchive aufkauft und nach Motiven durch- sucht. Ihn interessieren dabei die genaue Komposition alter Foto- grafien, wie sie sich wiederholen und wie sich innige Verbindungen zu diesen Fremden aufbauen lassen, wenn er durch ihre Leben blättert.

Historische Einflüsse finden sich auch bei Sauer, jedoch betrachtet er sie kritischer. Verlassene Scheunen, Pferde (die Cowboys sind bestimmt nicht weit), Gockel, abgedeckte Maschinen — alles alte Symbole männlicher Hoheit. Diese werden ergänzt durch kurze Textfragmente, die in ihrer Verbindung fragen: Wie aktuell sind diese Symbole noch und, viel wichtiger, was hat sie abgelöst? Es ist zu beobachten, dass Sauer die Symbole unseres Zusammen- lebens untersucht, während es Lukas um ihre Darstellung geht —die Art und Weise, wie sie abgebildet wurden/werden. Warum ist es immer die Blumenvase am Fenster? Was ist das intrinsisch anziehende in den alten Hoheitsdarstellungen? Warum sterben manche Sujets nie aus? Lukas und Sauer verweisen in Alte neue Sonne darauf, dass die Antwort sehr viel düsterer ist, als vielleicht angenommen.

[Text: Fredi Thiele]

Installation view: ALTE NEUE SONNE, 2024, Nina Mielcarczyk, Leipzig