Nina Mielcarczyk

„Tap in Tune“,
Galamb Thorday, Gemma Solá Sotos, Isabell Kamp, Nora Lube, Thorben Eggers, 2024

Im Zuge der jährlichen Gruppenshow präsentiert die Galerie Nina Mielcarczyk Arbeiten der Künstler_Innen Thorben Eggers, Isabell Kamp, Nora Lube, Gemma Solà Sotos und Galamb Thorday in einem Mix von Malerei und Objektkunst sowie deren Intersektionen.

Leere Gläser, verwischt mit ihrem leicht dreckigen, kaugummirosa Hintergrund. Es entsteht glatt der Eindruck, es ließe sich noch eine verklungene Musik erahnen. Es bleibt unklar, ob die Gläser gerade geleert wurden, oder lange darauaf warten wieder gefüllt zu werden. Unklar, ob das Motiv auf eine vergangene oder zukünftige Temporalität verweist, woraus Gemma Sotos Escena IV/Reunión eine ambivalente Spannung schafft. Der Titel, übersetzt Szene IV/Versammlung, lässt uns zweifeln, ob wir einen Moment der Nostalgie betrachten, oder die Spur einer zukünftigen Zusammenkunft. Es ließe sich vielleicht auch gleich- setzen mit einer alltäglichen, sich-sehnenden Zeit und den über- schwänglichen Versuchen des Ausbruchs aus dieser.

Diese Versuche des Ausbruchs sind in den verschiedenen Facetten der versammelten Werke zu finden. In Lubes Objekten, die mithilfe ihrer Lost&Found-Methodik die zugrunde liegende (Aus-)Sortierungslogik des Alltags hinterfragt, wird dies erkennbar. Ein Twist davon sind die Fotografien Grundansichten, in denen sie ihre handgefertigten Objekte, als ebenso verloren inszeniert.

Eggers und Thorday bespielen derzeit zwei Seiten einer Münze dieser Betrachtungen. Thorday sieht das sakralisierte, beschleunigte Produkt noch in Schlieren, das uns aus der Tristesse zu befreien verheißt, während Eggers die Auswirkungen dieser lähmenden Beziehung auf unsere Gehirne und Muskeln einfängt: das Figurative vollends verschwommen, in den wellengebrochenen Spiegelungen von Utsuroi 7 [gradueller Wechsel (von Licht und Schatten)].

Diese Unvereinbarkeit des normalen Trottes mit dem versuchten Wunder findet sich vielleicht in Kamps Objekten zusammengebracht, in denen glamouröse Hochwertigkeit und lebenswirkliche Alltäglichkeit geschickt verwoben sind — hervorgehoben durch ihre technisch virtuose Materialbearbeitung, die in Kombination mit den gewitzten Titeln (Are you talking to me?) einander auf den Punkt bringen.

Zusammengebracht eröffnet sich der Raum in den Kommunikations- versuchen zwischen den verschiedenen Perspektiven, die diesen nach möglichen Brüchen und Verbindungen abtasten. Und sicherlich bleiben diese Versuche gemeinsam etwas zu konkretisieren, was es gar nicht gibt, eben dies: Versuche. Versuche etwas festzuhalten, was nur in seiner Flüchtigkeit beständig wirkt. Das Eigentliche bleibt offen, alles verweist durcheinander durch, was jeder Besucher_in ihre eigenen Assoziationen und Erfahrungen erlaubt. Oder, wie Donna Haraway es sagt: „Dies ist kein Traum einer gemeinsamen Sprache, sondern einer mächtigen, ungläubigen Vielzüngigkeit.“

Diese Vielzüngigkeit kann vielleicht eine produktive Unruhe im Trott erzeugen, wie der schwarze Schwan: kurz davor den eigenen Rahmen zu sprengen, drückend, Bruchstellen-schaffend, mehr Kanon als Chor, in dem verschiedene Takte zusammenfallen können, dazu geneigt, sich zu synchronisieren oder auch nicht, wie beieinander liegende Liebende, Herz an Herz. [Text: Fredi Thiele]

Tap in Tune June 8 – July 20, 2024

Installation view: TAP IN TUNE, 2024, Nina Mielcarczyk, Leipzig
Galamb Thorday, O.T. 2024 , oil on canvas, 100 x 150 cm
Installation view: TAP IN TUNE, 2024, Nina Mielcarczyk, Leipzig
Isabell Kamp, You and me is not you and me but you and me, 2016 ceramic, metal, 45 x 35 x 9 cm
Nora Lube, Grundansichten_1 + 2, 2024, Fine Art Print, Alu Dibond, 60 x 40 cm