Käthe-Kollwitz-Straße 13
04109 Leipzig
Donnerstag, 15—20 Uhr
Freitag, 12–17 Uhr
28.9. – 8.11.2024
Hundert Dosen Bier gegen die Einsamkeit. Das Sediment von Spaziergängen und Sommererzählungen, festgesetzt in Aluminium; romantisches Reminiszieren in Form gegossen. Ein wohlbekannter Gegen- stand wird zum klobigen Stellvertreter leichtfüßiger Tage, rough to the touch, weich für die Seele.
Nach flatness im delirium (2022) und filled in (2023) kommt pure reservoir: In Daniel Hörners zweiter Solo Show bei Nina Mielcarczyk geht es um Erinnerungen, eingekocht und abgegossen, angedeutet und eingeritzt. Ein Speicher von Andenken, ein Behälter für Assoziationen, ein Reservoir. Wenn du ein Raum wärst, welche Farbe hättest du? In Hörners gemalten Streifenbildern werden Wohnzimmer im Vorübergehen zu wohligen Stimmungen, und der romantisierende Blick hinter die vergilbten Rollos aus Urlaubserinnerungen zu horizontal gegliederten Pastellverläufen. Die sortierten Farbfelder: das softeste Stakkato. Wortwörtlich, denn das Wachs trocknet nie ganz. In gestreiftem Flimmern fängt Hörner die lauen Temperaturen des Wohnens wachsfarben ein. Eine Serie wie eine fragmentarische Fassade aus Ideen, flirrend und bunt. Gegenüber den unordentlich aufgeräumten Farbverläufen dann auf alleinstehenden Leinwänden krummgefaltete Linienreihen, bedenkenlos geometrisch. Daneben stehen springende Raster, die Felder ausgekreuzt und ausschraffiert, die Linen gestaucht und gestreckt, ein Schachspiel was aufhört, sobald man angefangen hat, ungleiche Chancen ohne Zug- zwang, alle sind matt und niemanden juckt’s. Die Farbe der Malereien, eingekocht aus Wachs, Pigment und Vaseline – die Essenz bleibt übrig – ist als dicke Schicht auf die Leinwand aufgetragen. Darauf Kugelschreiberkerben im immerfeuchten Wachs, Hörners Arbeiten sind Augenblick und Andenken zugleich.
Pure reservoir ist ein Erinnerungsspeicher, ein Schwelgen an die Wärme italienische Erdgeschoss- wohnungen, an das verblichene Gelb der Fensterläden, die sie vor Blicken nicht ganz beschützen, und an das Reichtum von billigem Dosenbier, wenn man es teilt. Eine romantisierende Ausformulierung flüchtiger Gedanken, eine liebevolle Aufforderung, hinter Rollläden die eigenen Andenken zu finden. Take a trip to the reservoir.
Text: Inga Krumme