Käthe-Kollwitz-Straße 13
04109 Leipzig
Donnerstag, 15—20 Uhr
Freitag, 12–17 Uhr
8.6. – 20.7.2024
Im Zuge der jährlichen Gruppenshow präsentiert die Galerie ‚Nina Mielcarczyk‘ Arbeiten der Künstler_Innen Thorben Eggers, Isabell Kamp, Nora Lube, Gemma Solà Sotos und Galamb Thorday in einem Mix von Malerei und Objektkunst sowie deren Intersektionen.
Leere Gläser, verwischt mit ihrem leicht dreckigen, kaugummirosa Hintergrund. Es entsteht glatt der Eindruck, es ließe sich noch eine verklungene Musik erahnen. Es ist unklar, ob die Gläser gerade geleert sind, oder darauf warten wieder gefüllt zu werden. Unklar, ob das Motiv auf eine vergangene oder zukünftige Temporalität verweist, woraus Gemma Sotos “Escena IV/ Reunión” eine ambivalente Spannung schafft. Auch der Titel, übersetzt “Szene IV/ Versammlung” lässt uns zweifeln, ob wir einen schwachen Moment der Nostalgie betrachten, oder die Spur einer zukünftigen Gemeinsamkeit. Es ließe sich vielleicht auch gleichsetzen mit einer alltäglichen, sich-sehnenden Zeit und den überschwänglichen Versuchen des Ausbruchs aus dieser.
Diese Versuche des Ausbruchs sind in den verschiedenen Facetten der versammelten Werke zu finden. In Lubes Objekten, die mithilfe ihrer Lost&Found-Methodik die zugrunde liegende (Aus-)Sortierungslogik des Alltags beschwören, wird dies erkennbar. Ein Twist davon sind die Fotografien “”, in denen sie selbst ihre aussortierten Objekte inszeniert. Eggers und Thorday bespielen derzeit zwei Seiten einer Münze von Betrachtungen des Alltags. Thorday sieht das sakralisierte, beschleunigte Produkt noch in Schlieren, welches uns aus der Tristesse zu befreien verheißt, während Eggers die Auswirkungen dieser lähmenden Beziehung auf unsere Gehirne und Muskeln einfängt: das Figurative vollends verschwommen, in den wellengebrochenen Spiegelungen von “Utsuroi 7” (Tr.: “gradueller Wechsel (von Licht und Schatten)”).
Diese Unvereinbarkeit des normalen Trottes mit dem versuchten Wunder findet sich dann vielleicht in Kamps Objekten zusammengebracht, in denen glamouröse Hochwertigkeit und lebenswirkliche Alltäglichkeit geschickt verwoben sind — hervorgehoben auch durch ihre sowohl gewitzte als auch technisch virtuose Materialbearbeitung. Die gut gewählten Titel (“Are you talking to me?”) lassen schließlich die Gedanken freilaufen.
Zusammengebracht eröffnet sich der Raum in den Kommunikationsversuchen zwischen den verschiedenen Perspektiven, die diesen nach möglichen Brüchen und Verbindungen abtasten. Und sicherlich bleiben diese Versuche gemeinsam etwas zu konkretisieren, was es gar nicht gibt, eben dies: Versuche. Versuche etwas festzuhalten, was nur in seiner Flüchtigkeit beständig wirkt. Das Eigentliche bleibt offen, alles verweist durcheinander durch, was jeder Besucher_in ihre eigenen Assoziationen und Erfahrungen erlaubt. Oder, wie Donna Haraway es sagt: “Dies ist kein Traum einer gemeinsamen Sprache, sondern einer mächtigen, ungläubigen Vielzüngigkeit.”
Diese Vielzüngigkeit kann vielleicht eine produktive Unruhe im Trott erzeugen, wie der schwarze Schwan: kurz davor den eigenen Rahmen zu sprengen, drückend, Bruchstellen-schaffend, mehr Kanon als Chor, in dem verschiedene Takte zusammenfallen können, dazu geneigt, sich zu synchronisieren oder auch nicht, wie beieinander liegende Liebende, Herz an Herz.
Text: Fredi Thiele